Essen packt an!

Kommentar von Markus P. zu der Veranstaltung "Die müssen hier weg!"

Kommentar von Markus P. zu der Veranstaltung von Evangelisch in Essen zum Thema "Die müssen hier weg!"

Erst einmal vorweg vielen Dank für die Einladung zu so einem hochbrisanten Thema, das uns seit unserer Zeit in der Obdachlosenhilfe, als Teil des Bevölkerungsschutzes vor Ort, beschäftigt. In den letzten Wochen wurden aus unserer Sicht die "Daumenschrauben" für das Zusammenleben im öffentlichen Raum weiter angezogen.
Es waren viele, interessante Teilnehmer mit von der Partie. Frau Fuhrmann, die ich persönlich für ihre Art, sich für ihre Mitarbeiter einzusetzen, über alle Maßen schätze. Ich schätze auch sehr, dass unser Ordnungsdezernent Christian Kromberg sich dieser Diskussion stellte.



Eingangs kam Dr. Fabian Kessl (Universität Duisburg-Essen )zu Wort, um mal das Thema öffentlicher Raum vs. privater Raum zu durchleuten. Wer sind die Akteure "in dem Spiel" und wie müssen Akteure auf Augenhöhe einbezogen worden. Ich persönlich würde von einer derben Klatsche für die Ordnungspolitik sprechen, weil "nur die politisch interessierten Kreise und deren Lobbyvertreter" in diesem Spiel mitspielen. Die Uniteressierten haben sich nicht beteiligt, sind aber die Betroffenen. Jetzt kann man sich auf den Standpunkt als Gesellschaft stellen, dass nur die, die sich auch politisch einbringen, ein Mitspracherecht für den öffentlichen Raum haben. Ist dem so? Ich finde auch Ordnungspolitik muss alle Menschen mitnehmen, unabhäging, ob politisch interessiert oder gar aktiv. Alle Akteure. Der Ordnungsdezernent C. Kromberg räumte ein, dass in den Diskussionen der letzten 5 Jahre die Debatte noch nie so "links" geführt worden ist, noch nie solche Argumente gebracht worden sind im Laufe des Abends, welche auch ihn zum Nachdenken anregen.
Ich frage mich aber, ist Mitmenschlichkeit sozial "links"? In dieser Kirche sind viele Menschen frei des Verdachts, "links zu wählen", für sie zählen vielleicht einfach

auch christiliche Werte wie Nächstenliebe, Respekt, Diskurs auf Augenhöhe? Sind das alles "linke Werte"? Ich selber kann mich nur entschuldigen, denn ich bin in der Obachlosennothilfe erst seit 12.12.2014 aktiv, als Andre, Cristina, Marcel, Damien, Nadine und ich die ersten Planungen für die erste " Warm durch die Nacht" -Tour organisierten und am 14.12.2014 mit dem Projekt starteten. Was ein Dauerläufer wurde und manchmal leider die anderen Aktivitäten von Essen packt an! überschattet (SATTiertafel Essen e.V. -ausgegliedert und eigenständig mittlerweile, Akuthilfe nach Wohnungsbrand, Quo Vadis 2017 Konzept (umgesetzt inkl. Mobile Retter ) , Kinderweihnachtstafel und und und.)

C. Kromberg hatte auch auf meine Frage hin, ob er vor der Änderung der ordnungspolitischen Verordnung zum Jahreswechsel nicht auch schon Pöbeler, Störenfriede und Kriminelle auf den Straßen mit Platzverweisen z.B. hätte ahnden können, keine passende Antwort. In dieser Frage wurde auch Hr. Fuhrmann als Moderator parteiisch, denn viele, auch Dr. Fabian Kessl, sehen in diesem Vorgehen ein Krimialisieren einer Bevölkerungsgruppe. Und ja, es ist NUR eine Ordnungswidrigkeit. Aber wer kennt den Unterschied zwischen Ordnungswidrigkeit und Straftat? Hr. Fuhrmann meinte, dass es jeder kennen würde, spätenstens, wenn er mal zu schnell gefahren ist. Da ist wieder so eine Schublade. Zu schnell fahren....Jeder mit dem Auto....Erkennt dann den Unterschied.

Vielleicht fängt alles schon bei einem Schubladen-Denken an, von dem wir uns alle befreien sollten. Christliche und soziale Werte schließen sich somit nicht aus. Wir haben beim "Brücken bauen"-Tag in der Kreuzeskirche schon erleben dürfen, wie verschiedene Religionen Gemeinsamkeiten haben. Sozial (Miteinander) braucht als Basis christlich (Miteinander), um dieses besser zu gestalten. Es bedingt sich also.

Schade fand ich wirklich, das U. am Anfang der Diskussion eine richtige Aussage getroffen hat, dann leider mit verbalen Auffälligkeiten und Ungeduld den Raum freiwillig verlassen hat. Es waren leider bis auf unseren Hotti und U. keine Wohnungslosen, Alkoholabhängige, Punker und Co. anwesend. Wäre dies nicht gut gewesen, um auf Augenhöhe "miteinander" und nicht übereinander zu sprechen? Die Frage war also mehr als berechtigt.

Auch ich habe gesehen, dass in unseren eigenen Reihen noch viel Arbeit auf uns wartet. Wir verweisen nicht nur Wohnungslose und Bedürftige an städtische Einrichtungen. Wir stärken ihnen den Rücken und gehen mit ihnen da hin. Zugegeben, viel zu wenige können wir "eng" betreuen. Aber da haben wir die gleichen Probleme wie die öffentlichen Träger: Zu wenige "Kümmerer". Wir machen es ehrenamtlich, vieles eher am Wochenende oder in den Abendstunden. Somit unterstützen wir die Bitte, die Forderung von dem Diakoniewerk Essen nach mehr Sozialarbeitern. Meine Frage, warum Ordnungskräfte unbefristet eingestellt werden und Sozialarbeiter nur auf Zeit, konnte ich mangels dieser nicht stellen. Sozialarbeit wird immer projekt- und nicht konzeptbezogen gesehen, Ordnungspolitik umgekehrt....und eigentlich würde ich mir wünschen, dass es umgekehrt wäre. Wenn es akute Sicherheitsprobleme gibt: konzeptbezogen mehr Personal auf Zeit, um dies auch zu lösen. Armut und Gefährdung von Menschen wird immer da sein. Sicherheitsprobleme, siehe der fantastischen Arbeit der Polizei & Co. in den 80ern mit der Zerschlagung der RAF, nicht.

Aber zurück zu unserer Arbeit: Es kam ein Einlass aus "unseren Reihen", dass es keine medizinische Versorgung für Menschen geben würde. Es gibt nicht nur das Arztmobil. Es gibt noch Kosmidion und eigentlich uns selber...mit der "grenzenlosen Praxis" . Wir schulen regelmäßig und informieren alle unsere Leute. Aber wir sind "leider" sehr viele und nur wenige, die die Zeit und die Lust aufbringen können, alle anderen zu schulen, mitzunehmen. Damit wir bei uns schon jeden Tag ein Stückchen besser werden. Die "grenzenlose Praxis" ist sehr ehrgeizig gestartet mit guten Achtungserfolgen, leidet aktuell nur an Freiwilligen, die verlässlich dabei sind. Wir sind nur Freiwillge, Ehrenamtliche, keine Profis. Den Anspruch erheben wir auch nicht. Aber wir sind Mensch und diesen Anspruch erheben wir. Bei uns ist jeder willkommen, egal ob mit oder ohne Dach, mit einem geringeren IQ, mit einem Rolli, mit dunkler Hautfarbe oder iiiihh...weiblich und blonde Haare. Alle sind sie willkommen. Es ist egal, woher du kommst, wenn du ein Stück des Weges mit uns gehen möchtest. Wenn du deine Nachbarschaft mal von einer anderen Seite kennenlernen möchtest. Von Mensch zu Mensch!

Und wenn wir es jetzt noch schaffen, alle Beteiligten in der "Gefährdetenhilfe" zusammenzukriegen zum Wohle der Menschen, ist mir in dieser Stadt vor nur noch wenigem Angst & Bange.

Essen ist eine tolle Stadt. Mit tollen Bürgern und einer lebendigen Demokratie. Dafür stehe ich.

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